Sonntag, 30. Dezember 2012

Top 10 Lieder 2012: Platz 10-6

Zusätzlich zu den traditionell Anfang Januar von adlerkuss in der Rückschau gekürten Alben und Filmen des Vorjahres, gibt es diesmal auch noch die Songs des Jahres 2012 –  ausgewählt jedoch mit dem Vorbehalt, keine Lieder zu verwenden, die auf einem der meiner bescheidenen Meinung nach zehn besten Alben des Jahres zu finden sind. Mithilfe dieser nerdigen Spielregel ist es deutlich leichter, versteckte Perlen und Einzelveröffentlichungen zu ihrer wohlverdienten Erwähnung kommen zu lassen. Hier nun also Platz 10-6 der besten Songs des Jahres, die nicht gleichzeitig auf einem der zehn besten Alben des Jahres enthalten sind. An der Catchiness des Namens dieser Liste muss man womöglich noch arbeiten...

10. Arcade Fire – Abraham's Daughter

Arcade Fires Beitrag zum Soundtrack zu "Die Tribute von Panem – Tödliche Spiele", der Verfilmung des ersten Teils der ebenso erfolgreichen wie uninteressanten "Hunger Games"-Science-Fiction-Romantrilogie, ist ein großartig düsterer Song und erzählt ausgehend von dröhnenden Gitarren und angetrieben von einem Marschmusikrhythmus, der mit Régine Chassagnes zarter Stimme kontrastiert wird, eine weibliche Variation der biblischen Geschichte der geplanten Opferung von Abrahams Sohn Isaak. Wieder mal ein ganz großes Stück Musik der kanadischen Indiezauberer.


9. Loreen – Euphoria

Es passiert selbst mir als passioniertem Fan der Veranstaltung nie nicht oft, dass ein Siegerlied des Eurovision Song Contests zu den musikalischen Highlights eines ablaufenden Jahres gezählt werden kann. Ende 2011 hätte ich nicht mal mehr gewusst, was auch nur der Titel des recht beliebigen Geträllers des aserbaidschanischen Siegerduos gewesen sein könnte. "Euphoria" hingegen ist und bleibt mit seinem schicken Kontrast zwischen düster-melancholischen an Kate Bush gemahnenden Strophen und zum Tanzen gerade zu zwingenden Beats, ekstatischen Synthies und Ohrwurmmelodie im Refrain ein perfektes Stück Popmusik.




8. Bobby Womack – Please Forgive My Heart

Im Juni erschien (von Blur-Gorillaz-Tausendsassa Damon Albarn und XL Recordings Richard Russell produziert)  das erste Album der 68-jährigen Soullegende Womack in diesem Jahrhundert. Der absolute Höhepunkt der Platte ist das mit Klavierharmonien und sanften elektronischen Beats sparsam unterlegte, ergreifende "Please Forgive My Heart". Womacks gefühlvolle Stimme und seine schonungslose Bekenntnislyrik packen den Hörer ganz tief drin. Nur zu gerne verzeihen wir seinem Herzen und das zurecht, denn schließlich ist es ja so: "Not the problem lies anywhere in there..."
 




7. Dirty Projectors – Gun Has No Trigger

Die Vorabsingle des aktuellen sechsten Albums der amerikanischen Experimentalrocker bietet mit coolem Beat und coolen Uuuuhs des weiblichen Hintergrundgesangs den wohl entspanntesten Groove des Jahres, der zudem noch frappierend an den Klassiker "Drinking in L.A." aus den guten alten Neunziger Jahren erinnert. Darüber singt dann Frontmann Dave Longstreth mit großartig kraftvoll-larmoyanter Stimme und in der Titelzeile enorm zum laut Mitgrölen einladend über die Waffe ohne Abzug – wunderbar.




6. Crying Day Care Choir – Join the Joyful Revolution

Das hymnische und wie für Lagerfeuer geschaffene Titellied der Debüt-EP "Join the Joyful Revolution" von der schwedischen Band Crying Day Care Choir könnte mit seiner naiv-optimistischen Botschaft so ähnlich auch im Matsch von Woodstock intoniert worden sein. Zu allem Überfluss gibt es den Song auch noch gleich unten zum kostenlosen Download und am besten holt ihr euch hier für einen bescheidenen Obulus die gesamte EP, die man – würde sie nicht gar so herzlich und friedlich klingen – durchaus als "all killer no filler" beschreiben könnte.

Donnerstag, 13. Dezember 2012

adlerkuss im Advent: adlerkuss' liebste Weihnachtsmusi (10)

Ohne große Sternenumschweife geht es gleich weiter mit dem zweiten Teil von adlerkuss' liebster Weihnachtsmusi im Advent 2012.

Withered Hand ist der Bühnenname eines schottischen Singer-Songwriters, der aussieht wie ein Trucker und klingt wie eine traurige, aber hübsche Frau mit Ringen unter den Augen. Der ergreifende Song "It's a Wonderful Lie" erinnert in seiner Unmittelbarkeit und Intensität an die frühen Sachen von Bright Eyes und wen das kalt lässt, den kann man nur noch Frosty nennen.



Auch dieses Jahr gibt es wieder einen Song aus Phil Spectors wunderbar schwungvollen Weihnachtsalbum "A Christmas Gift For You" und diesmal handelt es sich um Darlene Loves unfassbar groovy Variante der Hymne auf die verschneite Winterlandschaft , die gleichzeitig wohl auch den Wunschtraum vieler fettleibiger Kinder beschreibt: "It's a Marshmallow World in the winter!"


"Oh Holy Night" wurde vor 165 Jahren mit französischem Text verfasst und war 1906 das insgesamt zweite Musikstück der Menschheitsgeschichte, das es im Radio zu hören gab. Branches sind eine christliche Band aus Wisconsin und ihre im Duett gesungene, akustische Version des Songs ist zugleich reduziert unaufdringlich und ungeheuer kraftvoll.
 
 
Der "Christmas Song" des dänischen Duos The Raveonettes aus dem Jahr 2009 ist ein herzerwärmendes Stück Indie-Rock'n'Roll mit 50er-Jahre-Touch im Dreivierteltakt, das eine unschuldige Romanze zur Weihnachtszeit beschreibt. Einfach nur herzig.


Oops, he did it again: Tausendsassa Sufjan Stevens hat nach der 5-EP-Sammlung  "Songs For Christmas" von 2005 nachgelegt und diesen November mit "Silver & Gold" eine zweite Kollektion von Weihnachtsliedern vorgelegt, die ganze 58 (!) Songs enthält, bei der Weihnachtslicht und -Schatten nahe beieinander liegen. Der schönste neue Originalsong ist "Christmas in the Room", der sich dynamisch steigert und der betont, wie unwichtig der ganze weihnachtliche Firlefanz im Vergleich dazu, Zeit mit seiner großen Liebe zu verbringen, doch eigentlich ist: "no gifts to give / they're all right here / inside our hearts / the gloriest cheer". Hach!

 
 
"Stop the Cavalry" von Jona Lewie aus dem Jahr 1980 ist eigentlich eher ein lakonischer und durchaus effektiver Protestsong gegen den Krieg als ein Weihnachtslied, gehört heute aufgrund des schmissigen Bläsersatzes, ein paar Glöckchen und der enthaltenen Stoßseufzerzeile "Wish I was at home for Christmas" zum absoluten Kanon der modernen Weihnachtshits.



Laurie Berkner ist eine populäre  Sängerin im sogenannten Kindie-Rock-Genre und damit so etwas wie die weibliche, amerikanische Variante von Rolf Zuckowski. "Santa Claus is Coming to My House Tonight" beschreibt sehr unterhaltsam die Vorbereitungen und Vorfreude eines kleinen Mädchens am Vorabend von Weihnachten.  

Natürlich kommt alderkuss auch in diesem Jahr nicht ohne eine neue Version des ultimativen weihnachtlichen Hits von Wham! über die enttäuschte Liebe aus dem Vorjahr aus. Die herrliche Adaption von "Last Christmas" von PAS/CAL beginnt als akustisches Ballädchen, entpuppt sich dann jedoch  als Indie-Pop-Groove-Monster ersten Ranges.



Mittwoch, 12. Dezember 2012

adlerkuss im Advent: adlerkuss' liebste Weihnachtsmusi (9)

Donner und Blitz(en)! Die wunderbare, oh du fröhliche Weihnachtszeit ist schon im vollen Gange, der Schnee rieselt leise und welch ein Jubel, welch ein Trubel wird in unserem Hause sein! Fehlt zur vollendeten Festivität nur noch der alljährliche bunte Strauß weihnachtlicher Melodien bei adlerkuss, wie gewohnt auch in diesem Jahr nicht nur zum Anhören, sondern  auch immer gleich zum Herunterladen als mp3. Per Klick hier könnt ihr auch noch den Geist der vergangenen Weihnachtsmusi beschwören und nochmal nachhören.

Die erste Weihnachtsweise der diesjährigen Sammlung ist der 1943 für das Musical Meet Me In St. Louis entstandene Klassiker "Have Yourself a Merry Little Christmas", in dem Judy Garland das Lied ihrer traurigen kleinen Schwester vorsingt. Hier hören wir den Song in der ebenfalls traurigen, verzaubert dreampoppigen Variante von Day Joy.



Deutlich flotter, aber dennoch augenzwinkernd nostalgisch ist der absolut ins Bein gehende, hervorragende Weihnachtsstampfer "Christmas Was Better in the 80s" von den Futureheads aus dem Jahre 2010. Denn natürlich war der Schnee damals tiefer...




 Der laut der BMI, einer der US-Varianten der vor allem von deutscher Youtube-Nutzern so geschätzen GEMA, häufigstperformte Weihnachtssong in Nordamerika ist der simpel betitelte "Christmas Song", der unter seinem Untertitel "Chestnuts Roasting on an Open Fire" noch deutlich bekannter und vor allem distinktiver ist. Hier die wunderschön hymnenhaft arrangierte Version der gegenwärtig 21-köpfigen Sinfonie-Chor-Rockband The Polyphonic Spree.




Die Everly Brothers haben mit "Christmas Eve Can Kill You" genau vor 40 Jahren eines der wohl traurigsten saisonalen Lieder überhaupt veröffentlicht. Es geht um einen einsamen Tramp am Weihnachtsabend, den keiner der weihnachststimmungsbeseelten Autofahrer mitnehmen möchte – "christmas eve can kill you when you're trying to hitch a ride". Bonnie Prince Billy und Dawn McCarthy ist es jetzt gelungen, eine ebenso harmonische, aber fast noch düstere Version des Songs aufzunehmen.




Hier wird es Zeit für einen scharfen Kontrast: 1958 erschien der Sampler "Christmas Is For Children", auf dem neben anderen Hits wie dem Santa gegenüber etwas despektierlichen "Fat Fat Man" auch der für mich und viele anderen durchaus programmatische Song "I Like Christmas (I Like It, I Like It)" des damals achtjährigen Barry Gordon enthalten ist. Trivia gefällig? Der erwachsene Barry Gordon wurde  Synchronsprecher und hat viele Jahre später in der Turtles-Zeichentrickserie den Donatello gesprochen. I like it!




Die schottische Indie-Rock-Band Ballboy erzählt in dem schnucklig-akustischen  Song "Merry Christmas to the Drunks, Merry Christmas to the Lovers" eine alkoholgeschwängerte Liebesgeschichte mit so schönen Zeilen wie "Lay me down 'neath the tree and see if I'm sober in the morning when you appear". Wer könnte da widerstehen?




Cery Matthews war in den 90er Jahren Sängerin der Waliser Britpopper von Catatonia und hat in diesem November ein nicht spektakuläres, aber wunderbar anzuhörendes Album mit Weihnachtsstandards veröffentlicht, das ähnlich wie "She & Him" im Vorjahr ohne viel Schnickschack auskommt, aber umso mehr Seele mitbringt. Ein gutes Beispiel hierfür ist Matthews' Version von "Oh Tannenbaum", das sogar eine deutschsprachige Strophe enthält, an der es auch von der Aussprache her nichts zu meckern gibt, wenn man mal über das schon sehr schwierige Wort "Sommerszeit" hinwegsieht (das eher nach "Somersteid" klingt).





Die zweite und sogar noch längere Hälfte (ja, Mathematiker dürfen sich jetzt wundern) von adlerkuss liebster Weihnachtsmusi 2012 gibt es dann morgen!